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VfGH: Bezeichnung als 'Lobbyist für Gazprom' nicht ehrverletzend

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Straf- und Zivilprozesse wegen der Verletzung von Persönlichkeitsrechten, wie insbesondere auf Schutz der Ehre und des guten wirtschaftlichen Rufes sind fast alltäglich. Dass der Verfassungsgerichtshof (VfGH) sich mit der Frage befassen muss, ob eine Äußerung ehrenrührig ist, kommt in der Praxis äußerst selten vor.

Anlassfall für ein solches Ausnahmeverfahren beim VfGH war der Fraktionsbericht der Grünen zum ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss. Dieser Bericht wurde in einer Pressekonferenz vorgestellt und auch auf der Website der Grünen und jener des Parlaments zum Download bereitgestellt. In diesem Bericht wurde ein früherer ÖIAG-Präsident u.a. als „Lobbyist für Gazprom“ bezeichnet.

Für Beschwerden einer Person, die durch ein Verhalten eines Mitglieds eines Untersuchungsausschusses in Ausübung seines Berufs als Mitglied des Nationalrats in den Persönlichkeitsrechten verletzt zu sein, behauptet, ist der Verfassungsgerichtshof zuständig. Der frühere ÖIAG-Präsident als Beschwerdeführer (Bf) führte in seiner Beschwerde aus, durch die Äußerungen im Fraktionsbericht der Grünen in seinen Persönlichkeitsrechten auf Schutz der Ehre und des guten wirtschaftlichen Rufs verletzt worden zu sein. Er beantragte, der VfGH möge die inkriminierten Aussagen der Abgeordneten der Grünen im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss für rechtswidrig erklären. Der VfGH führte in seiner Entscheidung aus, dass eine Abwägung zwischen der vom Bf geltend gemachten Persönlichkeitsrechten einerseits und dem Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit andererseits zu erfolgen hat.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Bf aufgrund seiner Funktionen und seiner wirtschaftlichen Aktivitäten bei im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehenden privaten und öffentlichen Unternehmen eine im öffentlichen Leben stehende Person („public figure“) ist. Als solche muss er „im Allgemeinen eine weitreichendere Kritik hinnehmen als eine beliebige Privatperson“. Der VfGH führte weiters aus, dass es sich bei den inkriminierten Äußerungen um „zulässige wertende Äußerungen handelt, die auf einem wahren Sachverhaltskern beruhen und die auch keinen Wertungsexzess darstellen“. Da somit die behauptete Verletzung der Persönlichkeitsrechte nicht vorlag, gab der VfGH der Beschwerde nicht statt.

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