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Diskussionsrunde der Spitzenkandidaten: Freie Werknutzung gestattet?

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2024 gilt in Österreich als Superwahljahr. Dementsprechend wird es in den audiovisuellen Medien, allen voran im Fernsehen, zahlreiche mehr oder weniger interessante und spannende Diskussionen und Konfrontationen der Spitzenkandidat:innen geben.

Bei der Berichterstattung über diese Diskussionen stellt sich für Medien die Frage, ob der urheberrechtliche Ausnahmefall einer freien Werknutzung vorliegen kann und somit ohne Zustimmung des die Diskussionsrunde veranstaltenden und ausstrahlenden Mediums Ausschnitte übernommen und im eigenen Medium verbreitet werden dürfen. Mit diesem Thema musste sich der Oberste Gerichtshof (OGH) in einem Verfahren, das die Bundespräsidentschaftswahl 2022 betraf, befassen.

Die klagende Fernsehveranstalterin hat die Diskussionssendung „Runde der Herausforderer“ ausgestrahlt. Einer der Kandidaten veröffentlichte auf seinem YouTube-Kanal ein Video, das auch einen 24 Sekunden langen Ausschnitt aus der Sendung der Klägerin enthielt. Die beklagte Partei, die ebenfalls Veranstalterin eines TVSenders ist, sendete auf ihrem Sender diesen Beitrag des Präsidentschaftskandidaten einschließlich des darin enthaltenen Ausschnitts der Sendung der Klägerin und stellte ihn auch noch auf ihrer Website zum Abruf bereit. Im Verfahren berief sich die Beklagte darauf, „es handle sich um eine zulässige Berichterstattung über Tagesereignisse und somit um eine freie Werknutzung bzw. liege ein zulässiges Zitat vor“.

Der OGH folgte, so wie die Vorinstanzen, dieser Argumentation nicht und verneinte das Vorliegen einer freien Werknutzung. Die von der Klägerin ausgestrahlte Diskussionsrunde ist nicht als „Tagesereignis zu beurteilen, weil ein solches nur die Bundespräsidentenwahl selbst oder allenfalls die Bilanz des Kandidaten sein kann, nicht aber ein darüber veröffentlichtes Video“. Der OGH verwies auch darauf, dass der Informationszweck, nämlich die Berichterstattung über das Resümee des Kandidaten, nicht die Übernahme des Ausschnittes der Sendung der Klägerin erforderte. Zu dem von der Beklagten ins Treffen geführten Bildzitat verwies der OGH auf die rechtliche Voraussetzung für die Zulässigkeit der Veröffentlichung von Lichtbildern als Bildzitat, dass „das in den Berichten jeweils wiedergegebene Bildzitat- und Belegfunktion hatte und nicht nur dazu diente, die Berichterstattung zu illustrieren, um so die Aufmerksamkeit der Leser auf den Bericht zu lenken“.

Die Beklagte hätte in diesem Fall beispielsweise auch den Inhalt des Ausschnittes der Sendung der Klägerin mit eigenen Worten darstellen können. Im Ergebnis war somit die Übernahme des Sendungssausschnittes der Klägerin durch die Beklagte ohne Zustimmung der Klägerin unzulässig.

Dieser Artikel wurde erstveröffentlicht im Magazin "Horizont" am 31.01.2024.

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