DREHSCHEIBE DUBAI

Wer braucht hier wen?

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Beim Erwerb von österreichischen Aufenthaltstiteln und Staatsbürgerschaften sind Drittstaatsangehörige mit zahlreichen gesetzlichen Hürden konfrontiert. Diese sind sachlich kaum zu rechtfertigen und auch für die aktuelle demographische Entwicklung wenig förderlich. Ein Denkanstoß zur Zuwanderung von gut situierten, integrationswilligen und qualifizierten Ausländern.

Aus Sicht vieler Bürger aus Drittstaaten ist Österreich ein attraktives Land, in dem sie sich ihre private und berufliche Zukunft vorstellen können. Das Thema Zuwanderung ist stets medial präsent, xenophobe Tendenzen sind dabei leider allzu oft zu erkennen. Aus meiner Sicht werden jedoch viel zu wenig die demographischen Probleme Österreichs in diesem Zusammenhang angesprochen: Viele „Babyboomer“ werden in den nächsten Jahren in Rente gehen und es ist zu erwarten, dass durch alle Bildungsschichten der Gesellschaft die Geburtenrate nicht signifikant steigen, sondern im Gegenteil weiter absinken wird. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die österreichische Zuwanderungspolitik nicht auf den Zug der fortschreitenden Globalisierung der Wirtschaft und die zunehmende Vereinheitlichung von Alltagskulturen aufspringt, sondern vielmehr versucht, Zuwanderung nur sehr eingeschränkt zuzulassen.

Einen Aufenthaltstitel in Österreich zu erhalten, ist für Drittstaatsangehörige und selbst für arbeitswillige Personen, die über eine gute Ausbildung verfügen, nicht ganz einfach. Dies gilt auch für reiche, integrationswillige Drittstaatsangehörige, die – ohne arbeiten oder studieren zu wollen – ihr Leben in Österreich verbringen möchten. Denn einen Quotenplatz für die Erlangung der „Niederlassungsbewilligung – ausgenommen Erwerbstätigkeit“ (sog. „Privatiers“) zu erhalten, ist oftmals schwierig und ohne Unterstützung durch Anwälte kaum möglich. Die Quote ist seit Jahren unverändert niedrig, Änderungen sind kaum in Sicht. Anstatt auf Quoten zu setzen, wäre es sinnvoller, die Kriterien für den Zuzug von – zuweilen sehr jungen – Privatiers zu ändern. Dann könnten jedenfalls diejenigen kommen, die Österreich demographisch dringend benötigt, soweit diese auch bereit sind, sich hier zu integrieren.

In Österreich gilt – anders als in den meisten Teilen der Welt – das Prinzip der Doppel- und Mehrfachstaatsbürgerschaften gerade nicht. Nur wer einen Ausnahmetatbestand erfüllt, hat die Chance auf eine doppelte Staatsbürgerschaft. Die aktuelle Diskussion darüber, dass die österreichische Staatsbürgerschaft an Wert verlieren soll, wenn die Kriterien für den Erwerb aufgeweicht würden, zeigt deutlich, dass die Tendenz nicht gerade auf eine Erleichterung des Staatsbürgerschaftserwerbs hinweist. Aus meiner Sicht müssen – neben den gesondert zu betrachtenden Asylfällen – Staaten natürlich gewisse Kriterien für den Erwerb von Aufenthaltstiteln und von Staatsbürgerschaften aufstellen. Diese sollten jedoch auch zukunftsweisend auf die geopolitische und nationaldemographische Situation zugeschnitten sein.

Der europäische Wettbewerb um Schlüsselkräfte, Investoren und sonstige finanzkräftige Zuwanderer nimmt zu und viele Drittstaatsangehörige weichen daher auf andere EU-Staaten aus, in denen ein Aufenthaltstitel oder eine Staatsbürgerschaft oftmals einfacher zu erreichen ist als in Österreich. Um als Investor hierzulande einen Aufenthaltstitel zu erlangen, verlangt Österreich im Gegenzug einen finanziellen Betrag zur Erhaltung und Schaffung von regionalen Arbeitsplätzen, innovativer Technologie oder neuem Know-how. Investitionen von 3 bis 4 Millionen Euro sind bei einem solchen Projekt durchaus realistisch – hingegen sind bei der Gründung von Start-Up-Unternehmen nur 30.000 Euro aufzubringen.

Um eine Staatsbürgerschaft im Wege einer Investition verliehen zu bekommen, reicht ein Investment alleine nicht aus – niemand soll sich die österreichische Staatsbürgerschaft kaufen können. Nach Artikel 10 Absatz 6 des Staatsbürgerschaftsgesetzes der Republik Österreich kann die Staatsbürgerschaft bei Vorliegen von außerordentlichen Leistungen „im Interesse der Republik“ verliehen werden – vor allem in den Bereichen Wissenschaft, Kultur, Sport und Wirtschaft.

Pro Jahr werden hier ca. 30 bis 40 Staatsbürgerschaften verliehen. Vom BMI herausgearbeitete Kriterien zur Beurteilung des unbestimmten Rechtsbegriffs des „besonderen Interesses der Republik“ stellen daher regelmäßig die Hauptansatzpunkte für einen erfolgreichen Antrag dar. Die finale Entscheidung liegt zwar formal bei der Niederlassungsbehörde, allerdings muss diese – über das BMI und die Einschaltung der zuständigen Ministerien – eine Bestätigung der Bundesregierung betreffend das Vorliegen eines besonderen Interesses der Republik einholen. Formal ist die Bestätigung bzw. Versagung durch die Bundesregierung zwar für die Niederlassungsbehörde (idR die MA 35) nicht bindend, weil diese selbst über den Antrag entscheidet, faktisch ergehen die Entscheidungen jedoch im Sinne des Vorschlags der Bundesregierung. Im Fall eines Staatsbürgerschaftserwerbs „im Interesse der Republik“ ist im Übrigen eine Doppelstaatsbürgerschaft ausnahmsweise möglich.

Als Reaktion auf die starke Nachfrage des Arbeitsmarktes nach Schlüsselkräften und Fachkräften in Mangelberufen enthält das österreichische Migrationsrecht eine Reihe von entsprechenden Aufenthaltstiteln. Die „Rot-Weiß-Rot-Karte“ ist ein Überbegriff für die Aufenthaltstitel für allgemein qualifizierte Fachkräfte, für hochqualifizierte Fachkräfte, für junge Fachkräfte mit österreichischem Hochschulabschluss, für Fachkräfte in Mangelberufen sowie für Unternehmensinvestoren. Gleichzeitig bietet der Aufenthaltstitel „Blaue Karte EU“, der als Umsetzung einer EU-Richtlinie eingeführt wurde, besondere Vorteile für den Antragsteller zur Feststellung der Qualifikation. Im Zusammenhang mit der Mehrzahl der zu beantragenden Aufenthaltstitel erfolgt eine Arbeitsmarktprüfung, die darauf abstellt, ob aktuell vergleichbare Fachkräfte auf dem heimischen Arbeitsmarkt arbeitssuchend sind – zukunftsbezogen ergeht die Entscheidung nicht. Diese Prüfung, für die die Niederlassungsbehörden nicht mehr zuständig sind, wird nun vom AMS verwaltet, das mittlerweile verkürzte und etwas vereinfachte Verfahren bleibt dennoch kompliziert und zeitaufwändig. Auch der Erhalt eines Aufenthaltstitels bei Beschäftigung in einem Mangelberuf, der seit Oktober 2022 deutlich vereinfacht worden ist, gestaltet sich in der Praxis oftmals schwieriger als erwartet. In verschiedenen Berufen sind die berufsspezifischen Voraussetzungen nicht anerkannt, sodass Nostrifizierungsverfahren durchgeführt werden müssen. De facto scheitern viele Zuwanderer aber auch an der Einkommenshürde bzw. nicht vorhandenen finanziellen Ausstattung.

Dennoch gilt insgesamt trotz aller – wohlwollender – Kritik, dass Österreich auf Zuwanderung angewiesen ist und für Zuwanderer insgesamt offensteht. Jedenfalls ausgebildete, integrationswillige (und auch investitionsbereite) Drittstaatsangehörige erhalten die entsprechenden Möglichkeiten. Die individuellen Wege zur Migration finden wir gerne mit Ihnen.