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Was bedeutet Verhetzung?

Kolumne von Gerald Ganzger*

Was bedeutet Verhetzung?

Unter dem Schlagwort „Hasspostings“wurde in den letzten Wochen in der Öffentlichkeit intensiv diskutiert, was rechtlich gegen die bösartigen, menschenverachtenden und fremdenfeindlichen Postings und Kommentare im Internet unternommen werden könnte. Im Zuge dieser Diskussion wurde auf §283 Strafgesetzbuch „Verhetzung“verwiesen. Diese Bestimmung enthält mehrere Tatbestandsvarianten,die bestimmte im Gesetz definierte Gruppen von Menschen vor Gewalt und Hassangriffen schützen sollen. Die in dieser Bestimmung geregelten Tatbestände sind aber ziemlich komplex formuliert. Der Gesetzgeber musste auch der verfassungsrechtlich gewährleisteten Meinungsäußerungsfreiheit Rechnung tragen, weshalb nicht jede moralisch verwerfliche oder bedenkliche Äußerung mit dieser Bestimmung strafrechtlich verfolgt werden kann.

§ 283 StGB sanktioniert zunächst den Aufruf zu Gewalt oder die Aufstachelung zum Hass gegen Gruppen von Personen, die nach Religion, Rasse,Hautfarbe, Sprache, Weltanschauung,der Staatsangehörigkeit, der Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts,einer körperlichen oder geistigen Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung, definiert sind. Der Schutz umfasst auch einzelne Mitglieder einer solchen Gruppe, wenn die Aufforderung oder Aufstachelung ausdrücklich wegen der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe erfolgt. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung ist aber nur dann strafrechtlich verfolgbar, wenn die Aufforderung oder Aufstachelung mindestens 30 Personen zugänglich ist. Äußerungen am viel zitierten „Stammtisch“ fallen somit in der Regel nicht unter diese Bestimmung, wenn die erforderliche Anzahl von Personen (mindestens 30)nicht erreicht wird. Eine weitere Tatbestandsvariante des § 283 StGB sanktioniert Beschimpfungen der oben genannten Gruppen von Personen. Wer durch die zuvor dargestellten Taten bewirkt, dass andere Personen gegeneine dieser definierten Gruppen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe Gewalt ausüben, ist mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren zu bestrafen. § 283 StGB sanktioniert auch die Leugnung, Billigung, gröbliche Verharmlosung oder Rechtfertigung von gerichtlich rechtskräftig festgestellten Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord.Für den Bereich der Social-Media-Plattformen ist ganz wesentlich, dass auch derjenige bestraft werden kann, der die Taten nicht direkt begeht, sondern schriftliches Material, Bilder etcetera, die zu Gewalt oder Hass auffordern beziehungsweise aufstacheln, in gutheißender oder rechtfertigender Weise verbreitet oder öffentlich verfügbar macht. Somit kann sich auch derjenige, der nach § 283 StGB verbotene Postings oder Kommentare weiterverbreitet oder öffentlich verfügbar macht, strafbar machen.

*Gerald Ganzger: Was bedeutet Werbung? Horizont, 4. November 2016, Seite 11

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