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Update: Coronavirus

Update: Coronavirus

FAQ zur Phase 2 der „Corona-Kurzarbeit“

Stand: 16.04.2020

Seit etwa einem Monat können österreichische Unternehmen Anträge auf Förderung nach dem Modell der neu eingeführten „Corona-Kurzarbeit“(KUA) stellen.

Mit Stand 14.4.2020 hat das AMS bereits über 55.000 Anträge erhalten. Davon waren etwa 40.000 vollständig, 20.000 dieser Anträge in einem Gesamtförderungswert von EUR 2,8 Milliarden sind bereits bewilligt. Das laufend erhöhte Budget für die Finanzierung dieses Modells wurde, wie von der zuständigen Ministerin am 14.4.2020 angekündigt, nunmehr auf 5 Milliarden aufgestockt.

Nach den anfänglichen, zahlreichen offenen Fragen zur Antragstellung und zu den Bedingungen haben sich inzwischen viele Punkte klären lassen. Die praktische Umsetzung jedoch hat auch zahlreiche neue Fragen aufgeworfen. Wir fassen für Sie den aktuellen Stand zusammen, um Ihnen weiterhin einen rechtssicheren Umgang mit dem Modell „Corona-Kurzarbeit“ zu ermöglichen:

Ist die rückwirkende Antragstellung weiter möglich?

Derzeit ja, mit einer absehbaren Änderung: Seit dem 16. März 2020 ist eine rückwirkende Antragstellung auf Kurzarbeit ab 1.3.2020 möglich. Anträge, die nach dem 21.04.2020 gestellt werden, können rückwirkend nur noch ab 1.4.2020 bewilligt werden.

Der Betriebsrat will dem Antrag auf Kurzarbeit nicht zustimmen. Kann ich den Antrag trotzdem stellen?

Ja, sofern Sie mit jedem einzelnen der von der Antragstellung betroffenen Mitarbeiter jeweils eine persönliche Vereinbarung schließen. Das wurde nach anfänglichen Unklarheiten nunmehr klargestellt.

Können und sollen Mitarbeiter nun nach Ostern wieder an ihre Arbeitsplätze zurückkehren?

Nur mit Beschränkungen. Die Arbeitstätigkeit soll grundsätzlich weiterhin vorzugsweise außerhalb der Arbeitsstätte erfolgen. Wenn Mitarbeiter in die Firma zurückkehren, ist laut Verordnung des Gesundheitsministers gemäß § 2 Z1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes ein Mindestabstand von zumindest 1 m zwischen Personen am Arbeitsplatz einzuhalten. Arbeitnehmer mit Kundenkontakt haben verpflichtend einen Mund-Nasenschutz zu tragen. Sofern der Dienstgeber besondere Hygienevorschriften bzw. Verhaltensregeln vorgibt, sind diese einzuhalten.

Darf man Mitarbeiter zu einem Fiebermessen oder einer Testung zwingen?

Nein. Mit Ausnahme von Berufsgruppen, die gesetzlichen Untersuchungspflichten unterliegen, kann das nicht erzwungen werden. Fieber alleine wäre ohnehin kein ausreichend verlässlicher Indikator für COVID-19. Falls der Mitarbeiter befragt und einverstanden ist, sollte darauf geachtet werden, diese Freiwilligkeit zu dokumentieren, damit das Argument der „Drucksituation“ vermieden werden kann.

Reisen sind verboten. Dürfen Dienstnehmer ihren genehmigten Urlaub einseitig „stornieren“?

Aus heutiger Sicht: Nein - wobei jeder Einzelfall einzeln zu betrachten wäre. Die derzeitige Krise betrifft alle - also sowohl die Sphäre des Dienstgebers als auch jene des Dienstnehmers - gleichermaßen. Es ist derzeit auch ganz unabsehbar, wie lange Reiseverbote/Reisewarnungen bestehen. Im Sinne der Interessensabwägung ist es also für den Dienstnehmer nicht nachteiliger, einen bereits bewilligten Urlaub im Inland zu verbrauchen, als für den Dienstgeber, den Urlaub weiterhin als offenen Anspruch des Dienstnehmers verbuchen zu müssen. Aufgrund der zeitlichen Unsicherheit könnte es passieren, dass unter Umständen ein ganzer Jahresurlaub unverbraucht bleibt. Dies widerspricht einerseits den Vorgaben des Urlaubsgesetzes, andererseits auch den neuen Bestimmungen des § 1155 ABGB (dazu siehe nächster Punkt).

Darf ich meine Mitarbeiter einseitig auf Urlaub schicken?

Nur, wenn der folgende Ausnahmefall gegeben ist:

  • Gemäß den neu eingefügten Regelungen des § 1155 Abs. 3 und 4 ABGB ist eine einseitige Urlaubsanordnung bzw. die Anordnung zum Verbrauch von Zeitguthaben durch den Dienstgeber dann möglich, wenn eine behördliche Betriebsschließung erfolgt ist (die Bestimmung ist etwas unklar formuliert, das ist die rechtssichere Auslegung für das Argument der Durchsetzbarkeit).
  • Insgesamt darf der Verbrauch von, nicht mehr als 8 Wochen angeordnet werden, wobei bis zu 2 Wochen aus dem laufenden Urlaubsjahr genommen werden können.
  • Der Abbau von Zeitguthaben ist in diesem Fall ohne Beschränkung anordenbar. Diese Möglichkeit besteht derzeit bis Ende April 2020. Eine Verlängerung ist noch offen.

Außerhalb dieses Ausnahmefalles ist Urlaub nach wie vor Vereinbarungssache. Vor Antragstellung auf KUA hat der Dienstgeber „tunlichst auf einen Urlaubsverbrauch hinzuwirken“, kann das aber nicht erzwingen. Kurzarbeit hat also nicht mehr zur Bedingung, dass zuvor der Alturlaub verbraucht wird.

Darf man in der Kurzarbeitsphase wirklich niemanden kündigen?

Kündigungen aus „betriebsbedingten Gründen“ scheiden aus und sollen gerade verhindert werden. Wenn sich ein Mitarbeiter aber danebenbenimmt und ein persönlicher Kündigungsgrund (oder gar ein Entlassungsgrund) vorliegt, darf das Dienstverhältnis beendet werden. Da die KUA- Förderung voraussetzt, dass der Mitarbeiterstand bis zum Ende der KUA (und für die auf Kurzarbeit gesetzten Mitarbeiter auch einen Monat länger) jedenfalls zu halten ist, wird vom AMS in solchen Fällen verlangt, dass ein anderer Mitarbeiter aufgenommen wird.

Ausgenommen von dieser Pflicht zum Auffüllen sind „zufällige Unterschreitungen des Beschäftigtenstandes zB.: aufgrund üblicher Fluktuation“. Dazu gehören zB.: Abgänge wegen in diese Zeit fallender Pensionierungen oder bereits vor der KUA ausgesprochener Kündigungen. Achtung: Derzeit sind auch die Fristen für Kündigungsanfechtungen gehemmt! Sofern eine Kündigung nach der Suspendierung der Fristen ausgesprochen wurde, beginnt die Frist zur Anfechtung erst ab (derzeit absehbar), 1. Mai 2020 zu laufen.

Ich habe meine Mitarbeiter auf 10%ige Kurzarbeit gesetzt. Es gibt zum Teil mehr zu tun. Muss ich die Mehrarbeit oder Überstunden bezahlen?

Nein. Es würde dem System der Kurzarbeit zuwiderlaufen – allerdings kursieren dazu durchaus widersprüchliche Antworten. Sohar die WKO vertritt derzeit, dass eine einmal erfolgte KUA- Reduktion vom Dienstgeber bei Bedarf nicht hinaufsetzbar sei. Hingegen soll laut Regierung natürlich gerne mehr gearbeitet werden, da dies die Förderbeträge reduziert. Zum rechtssicheren Vorgehen empfiehlt es sich, in der Vereinbarung (mit BR oder einzelnem MA) festzuhalten, dass die Kurzarbeit eine vereinbarte, vorübergehende teilweise Dienstfreistellung ist, und der Dienstgeber bei erhöhtem Bedarf jederzeit ein Hinaufsetzen der Arbeitsleistung verfügen kann, sofern er zuvor eine gewisse Frist zur Vorankündigung einhält.

Achtung: Mehrleistungen über dem angemeldeten KUA-Ausmaß hinaus sind genauestens zu dokumentieren und einzureichen. Die Kontrollen werden wegen inzwischen erwiesener Fälle von Förderbetrügen ausgeweitet, die Strafen werden drakonisch sein.

Welche Ansprüche hat ein an COVID-19 erkrankter Mitarbeiter?

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht wie in einem normalen Krankheitsfall für mindestens 6 Wochen voll und für weitere 4 Wochen in halbem Ausmaß. Zu beachten ist, dass dieser Anspruch entfällt, wenn sich der Mitarbeiter grob fahrlässig verhalten hat oder seine Erkrankung gar vorsätzlich herbeigeführt hat, indem er trotz Reisewarnungen beispielsweise in ein Risikogebiet gefahren ist. Sobald der Dienstgeber von einer solchen Erkrankung erfährt, empfiehlt sich eine sofortige Kontaktaufnahme zur AGES (Tel.Nr. 1450). Deren Anweisungen sind dann - insbesondere über die Information der anderen Mitarbeiter betreffend konkrete Risiken etc. - zu befolgen.

Kleine bis mittlere Betriebe mit weniger als 50 Dienstnehmern können bei längeren Krankenständen (ab dem 11. Tag) einen Zuschuss durch die AUVA beantragen. Derzeit werden erweiterte Möglichkeiten diskutiert, Ergebnisse liegen jedoch noch nicht vor.

Wann ist ein Mitarbeiter als Teil der „Risikogruppe“ freizustellen?

Die Neubestimmung des § 735 ASVG sieht vor, dass Mitarbeiter, die der „COVID-19 -Risikogruppe“ angehören und nicht in Bereichen der kritischen Infrastruktur tätig sind, Anspruch auf bezahlte Freistellung vom Dienst haben. Diese viel diskutierte und kritisierte Bestimmung gilt derzeit bis einschließlich 30.4.2020. Will ein Mitarbeiter diesen Anspruch geltend machen, hat er ein ärztliches Attest darüber beizubringen, dass er einem gesteigerten Risiko unterliegt und aus ärztlicher Sicht eine solche Freistellung geboten ist. Das ärztliche Attest hat aber keine Details zu einer Grunderkrankung oder konkreten Gründen dieses gesteigerten Risikos zu enthalten. 

Der Anspruch besteht dann nicht,

  • wenn der Mitarbeiter im Homeoffice weiterhin tätig sein kann,
  • oder das Ansteckungsrisiko am Arbeitsplatz durch die Umsetzung entsprechender Maßnahmen mit größtmöglicher Sicherheit ausgeschlossen werden kann.

Wenn ein Anspruch besteht, hat der Dienstgeber keinen Ermessensspielraum, da es sich um einen subjektiven Anspruch handelt. Der Dienstnehmer ist freizustellen, der Dienstgeber kann binnen 6 Wochen nach Ende der Verhinderung einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Bund geltend machen. Ob diese Maßnahme über den 30.4.2020 hinaus verlängert wird, ist derzeit ebenfalls noch offen.

Darf ein Dienstnehmer einseitig zu Homeoffice verpflichtet werden?

Diese Frage kann nicht generell beantwortet werden, es bestehen aber durchaus mehrere Möglichkeiten dazu:

  • Ja im Fall jener Mitarbeiter, die bisher schon (zumindest teilweise) im Homeoffice tätig waren und alle Mitarbeiter, in deren Dienstvertrag eine „Versetzungsklausel“ vorsieht, dass der Dienstgeber einseitig auch einen anderen als den ursprünglich vereinbarten Arbeitsort bestimmen kann.
  • In der derzeitigen Krise besteht darüber hinaus eine erhöhte Treuepflicht der Dienstnehmer dem Dienstgeber gegenüber. Wenn also die Arbeit im Unternehmen (zB.: Aufgrund von behördlichen Auflagen) nicht möglich ist und der Dienstgeber die notwendige Ausrüstung zur Verfügung stellt, wird ein Anordnungsrecht zu bejahen sein, sofern die häuslichen Umstände des Dienstnehmers Telearbeit zumutbar machen.

Grundsätzlich empfiehlt sich die einvernehmliche Vereinbarung, um Rechtssicherheit für beide Seiten zu schaffen. Diese Vereinbarung sollte - um zukünftige Konflikte zu vermeiden - auch eine Bestimmung dazu enthalten, ob und in welchem Ausmaß der Dienstgeber durch das Homeoffice entstehende Zusatzaufwendungen des Dienstnehmers ersetzt.

Arbeitsunfälle im Homeoffice?

Neugeschaffene Regelungen in § 175 Absatz 1a und 1b ASVG sehen nunmehr vor, dass Unfälle im zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit Homeoffice als Arbeitsunfälle zu sehen sind. Erfasst sind Versicherungsfälle seit dem 11.3.2020, die Bestimmung ist befristet vorerst mit 31.12.2020.

Gibt es einen Anspruch auf die neue „Sonderbetreuungszeit“?

Nein, die neu eingeführte „Sonderbetreuungszeit“ im Sinne des neuen § 18b AVRAG kann für einen Zeitraum von bis zu 3 Wochen beantragt werden (derzeit befristet bis 31.5.2020), bedarf aber der Vereinbarung. Infrage kommt sie, um Kinder unter 14 Jahren zu betreuen. Wenn der Dienstgeber damit einverstanden ist, übernimmt der Bund 1/3 der Lohnkosten für diesen Zeitraum. Mit dem 3. COVID-19 Gesetz wurde eine Anwendbarkeit der Sonderbetreuungszeit ausgeweitet, sodass jetzt auch Betreuungspflichten gegenüber pflegebedürftigen Angehörigen darunterfallen, sofern betreuende Einrichtungen geschlossen sind oder die Betreuungskraft (zB.: Altenpflege) weggefallen ist.

Kann ich meinen Mitarbeitern das Entgelt wegen der Krise kürzen?

Nein, einseitige Kürzungen sind unzulässig. Nur wenn das Unternehmen nachweislich auf eine Insolvenz zusteuert, wäre ein solcher Schritt denkbar, ob eine solche Entscheidung später vor Gericht hält, ist aber eine Einzelfallfrage. Infrage kommt, solange die Einbuße des Dienstnehmers nicht höher als 10-15 % ist, eine Änderungskündigung. Eine Kündigungsanfechtung würde angesichts der Höhe der Einbuße kaum sehr erfolgreich sein, allerdings würde sich der Dienstgeber entgegenhalten lassen müssen, dass er sich mit einem Antrag auf Kurzarbeit mehr erspart hätte und ihm ein solcher Antrag zur Vermeidung der Änderungskündigung auch zumutbar gewesen wäre. Für bestimmte Betrieb(steile) kann diese Option aber infrage kommen.

Eine Vereinbarung geringeren Entgelts ist immer möglich, bedarf aber der Zustimmung des Mitarbeiters. Derzeit gibt es dafür zahlreiche Fälle, vorrangig für die nicht KUA-geförderten Entgeltbestandteile über der Höchstbemessungsgrundlage.

Gibt es überhaupt Verdienst-Ersatzansprüche nach dem Epidemiegesetz?

Nur in sehr eingeschränkten Fällen:

  • Absolute Voraussetzung ist, dass eine behördliche Maßnahme auf Basis des Epidemiegesetzes erlassen wurde, und dadurch ein einzelner Arbeitnehmer oder ein ganzes Unternehmen unter Quarantäne gestellt wurde, die Betriebsschließung angeordnet wurde oder auf Grundlage des Epidemiegesetz es eine Lehranstalt geschlossen wurde.
  • Sofern die behördliche Maßnahme nicht explizit auf dem Epidemiegesetz beruhte, kommt kein Ersatzanspruch infrage.

Der Gesetzgeber hat mit den COVID-19-Maßnahmenpaketen den Schwerpunkteförderungen explizit aus dem Bereich des Epidemiegesetzes ausgelagert, sodass eine Betriebsschließung nach dem COVID-19-Gestez die Anwendung des Epidemiegesetzes ausschließt. Das bedeutet den Wegfall der Entschädigungsansprüche wegen Verdienstentgang bei solchen Betriebsschließungen. Falls (überhaupt) ein Entschädigungsanspruch besteht, sieht § 33 des Epidemiegesetzes eine Frist von 6 Wochen nach Beendigung der Maßnahme für die Geltendmachung des Anspruchs vor.

Autorin:

Mag. Piroska Vargha, Rechtsanwältin und Head of Employment and Corporate Litigation bei LANSKY, GANZGER + partner

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