Konkursvermeidung

durch staatliche Restrukturierung

Konkursvermeidung

Am 17. Juli 2022 tritt in der Slowakei das Gesetz über die Abwendung einer drohenden Insolvenz in Kraft. Diese neue rechtliche Möglichkeit soll Unternehmern und juristischen Personen dabei helfen, einen wahrscheinlichen Konkurs durch einen präventiven Restrukturierungsrahmen zu verhindern. 

In einem aufgrund des aktuellen Ukraine-Konfliktes, steigender Energiepreise und hoher Inflation schwer belasteten Unternehmensumfeld sollen slowakische Firmen im Falle einer drohenden Insolvenz in Zukunft verpflichtet werden, geeignete und angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um wirtschaftliche Pleiten zu verhindern. Die neue Rechtsvorschrift enthält sowohl Elemente zum vorübergehenden Schutz von Unternehmern in finanziellen Schwierigkeiten (als Reaktion auf die Pandemie) als auch Schutzinstrumente des allgemeinen Insolvenzrechts. Gleichzeitig werden neue Pflichten der Unternehmensleitung standardisiert. So müssen geschäftsführende Organe die wirtschaftliche Lage und Entwicklung ihrer Unternehmen laufend bewerten, um allfällige Risiken, die zu einer Insolvenz führen könnten, frühzeitig zu erkennen. Droht bereits eine Insolvenz, sind sie verpflichtet, unverzüglich geeignete und verhältnismäßige Maßnahmen zur Abwendung der Insolvenz zu ergreifen. 

Die präventive staatliche Restrukturierung ist ein Antragsverfahren, das von einem Unternehmer-Schuldner bei drohender Insolvenz eingeleitet wird. Damit das Gericht eine präventive staatliche Restrukturierung genehmigen kann, müssen verschiedene gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sein. So muss beispielsweise nachgewiesen werden, dass das Unternehmen derzeit lebensfähig ist, dass keine Gründe für seine Auflösung vorliegen, dass es sich nicht in Liquidation befindet, nicht für insolvent erklärt wurde und keinem Restrukturierungsverfahren ausgesetzt ist. Das Gericht gewährt dem Schuldner nach erfolgter Genehmigung einer präventiven staatlichen Restrukturierung unter den gesetzlich festgelegten Voraussetzungen vorläufigen Schutz, wenn ...

  • die Mehrheit der Gläubiger, berechnet nach der Höhe ihrer ausstehenden Forderungen, der Gewährung dieses Schutzes zugestimmt hat oder 
  • mindestens 20 % aller Gläubiger, berechnet nach der Höhe ihrer nicht zugewiesenen Forderungen, zugestimmt haben und im Konzeptplan der Teilerlass der Forderung oder die Anerkennung ihrer teilweisen Uneinbringlichkeit 20 % der Forderung eines Gläubigers nicht übersteigt und die Stundung der Rückzahlung einer Forderung ein Jahr nicht überschreitet. 

Die Wirkungen des vorläufigen Schutzes sind z. B. Konkursfestigkeit, Vollstreckungsfestigkeit oder die Unmöglichkeit, ein Sicherungsrecht gegen den Schuldner durchzusetzen. Das Gericht gewährt dem Schuldner vorübergehenden Schutz für 3 Monate und kann diesen auf Antrag des Schuldners um weitere 3 Monate verlängern. Gleichzeitig ernennt das Gericht mit der Entscheidung über die Genehmigung der präventiven Sanierung einen Treuhänder für den Schuldner, der nach dem Zufallsprinzip aus der Liste der Insolvenzverwalter ausgewählt wird. 

Während des Sanierungsverfahrens nimmt der Treuhänder hauptsächlich Kontrollaufgaben wahr und prüft auf der Grundlage einerqualifiziertenBeschwerdedieHandlungen des Schuldners oder die Haftung seiner geschäftsführenden Organe. Zudem überwacht das Gericht im Verlauf der Sanierung die Tätigkeit des Treuhänders und die Geschäftstätigkeit des Schuldners. 

Bei der staatlichen vorsorglichen Sanierung werden die Gläubiger in betroffene und nicht betroffene Gläubiger eingeteilt. Ein betroffener Gläubiger ist demnach jeder Gläubiger, dessen Forderung vor dem Stichtag entstanden ist sowie jeder Anteilseigner, wenn die öffentliche Hand den Verkauf, die Übertragung oder die Ausgabe neuer Anteile am Schuldner, eine Fusion, Verschmelzung, Spaltung oder Änderung der Rechtsform des Schuldners oder eine Änderung des Gesellschaftsvertrags oder anderer ähnlicher Dokumente des Schuldners vorsieht. Zum Kreis der nicht betroffenen Gläubiger zählt jede Person, die eine Forderung aus einem Arbeitsverhältnis gegen den Schuldner hat, ein Kleingläubiger mit einem Betrag von bis zu 5.000 Euro, ein Treuhänder, ein Berater, ein Sachgläubiger, ein bestrittener unabhängiger Gläubiger, eine Steuerbehörde und eine Zollbehörde. 

Das Gericht bestellt nach der Genehmigung der präventiven staatlichen Restrukturierung unverzüglich einen Gläubigerausschuss für den Schuldner. Der Gläubigerausschuss besteht aus 3 bis 5 Mitgliedern, von denen zumindest drei nicht miteinander verwandt sein dürfen. In die Zuständigkeit des Gläubigerausschusses fällt insbesondere die Bestimmung der Maßnahmen des Schuldners, die der Zustimmung und Genehmigung des Gläubigerausschusses bedürfen, die Bestimmung der Maßnahmen des Schuldners, die der Zustimmung des bestellten Beraters bedürfen, die Erteilung der Zustimmung des Schuldners zur Annahme der Krisenfinanzierung oder die Abgabe einer Stellungnahme zum sog. „Öffentlichen Plan“ als Basisdokument, in der es insbesondere um den Grad der Befriedigung der einzelnen Gläubiger geht.

Der Schuldner muss daher einen öffentlichen Schuldenplan so erstellen, dass dieser eine gerechte Verteilung seines Vermögenswertes an die betroffenen Gläubiger gewährleistet, realistisch und nachhaltig ist und alle Informationen enthält, die die betroffenen Gläubiger benötigen, um darüber abzustimmen. In diesem öffentlichen Plan wird für jeden gesicherten, ungesicherten oder nachrangigen Gläubiger, für jeden Gläubiger verbundener Forderungen und für jeden Anteilseigner eine eigene Gruppe betroffener Gläubiger gebildet. Sämtliche Gläubiger in jeder Gruppe werden dabei unter Berücksichtigung der anteiligen Befriedigung der Gläubiger gleichbehandelt. 

Der Treuhänder prüft dann die Richtigkeit der Aufstellung des öffentlichen Schuldenplans und informiert alle Teilnehmer der Gläubigerversammlung über das Ergebnis dieser Prüfung. 

Der öffentliche Plan wird von den betroffenen Gläubigern angenommen, wenn ... 

  • jede Gruppe von gesicherten Gläubigern für den öffentlichen Plan gestimmt hat 
  • in jeder Gruppe der ungesicherten Gläubiger mindestens eine Dreiviertelmehrheit der stimmberechtigten Gläubiger dieser Gruppe entsprechend der Höhe ihrer Forderungen für den öffentlichen Plan gestimmt hat 
  • in jeder Gruppe von ungesicherten Gläubigern eine Mehrheit der Gläubiger mit Forderungen, die 1 % des Forderungsbetrags der stimmberechtigten Gläubiger in dieser Gruppe übersteigen, nach der Regel „eine Stimme pro Gläubiger“ für die Annahme des öffentlichen Plans gestimmt hat 
  • in jeder Gruppe verbundener und nachrangiger Gläubiger eine auf der Grundlage des Forderungsbetrags berechnete überwiegende Mehrheit der stimmberechtigten Gläubiger in dieser Gruppe für den öffentlichen Plan gestimmt hat und 
  • in jeder Gruppe von Anteilseignern eine überwiegende Mehrheit der Anteilseigner für die Annahme des öffentlichen Plans gestimmt hat. 

Nach der Genehmigung stellt der Schuldner beim Gericht einen Antrag auf Bestätigung des öffentlichen Schuldenplans. Stimmt eine Gruppe dem öffentlichen Plan nicht zu, kann der Schuldner in diesem Antrag auch die Entscheidung des Gerichts an die Stelle der Zustimmung der Gruppe setzen. Ein vom Gericht bestätigter öffentlicher Plan ist für den Schuldner und jeden betroffenen Gläubiger verbindlich. Die Wirkungen des öffentlichen Plans treten dann mit der Bestätigung automatisch in Kraft. 


AUTOREN:

JUDr. Martin Jacko, Rechtsanwalt und Managing Partner bei LGP Bratislava
Mgr. Jakub Hanesch, Associate bei LGP Bratislava

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