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Gelebtes Migrationsrecht in Corona-Zeiten

Gelebtes Migrationsrecht in Corona-Zeiten

Im Zuge der COVID-19 Pandemie wurde der Betrieb der Niederlassungs-, Aufenthalts- und Staatsbürgerschaftsbehörden auf einen Notbetrieb eingeschränkt. Aufgrund von geschlossenen Grenzen, gecancelten Flugverbindungen und einem weitgehend lahmgelegten Reiseverkehr ist es für Fremde noch schwerer geworden, einen rechtsgültigen Aufenthaltstitel zu erlangen.

Im Zusammenhang mit der aktuellen Lage bemüht sich der Gesetzgeber das Migrationsrecht an die Situation anzupassen, dennoch müssen die betroffenen Fremden einige Einschränkungen ihrer Rechte sowie finanziellen (Mehr-) Aufwand hinnehmen. Grundsätzlich sind bestimmte Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels persönlich bei der zuständigen Behörde einzubringen. 

Am 4.4.2020 wurde das 4. COVID-19-Gesetzespaket kundgemacht, wonach entsprechend des neuen Abs. 1a des § 19 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) nun Verlängerungsanträge und Zweckänderungsanträge abweichend von Abs. 1 § 19 NAG nicht persönlich, sondern auch postalisch oder auf elektronischem Wege (per EMail) bei der Behörde zu stellen sind. Auch die persönliche Abholung des Aufenthaltstitels ist derzeit bei der Behörde nicht möglich. Diesbezüglich ist mit der zuständigen Inlandsbehörde Kontakt aufzunehmen, denn die Ausfolgung des Aufenthaltstitels mittels postalischer Zustellung an die Antragsteller ist nur im Inland gestattet. Jene Fremde, die aufgrund der Reisebeschränkungen wegen COVID-19 nicht nach Österreich einreisen dürfen, erhalten ihre Aufenthaltstitel also deshalb nicht, weil die postalische Zustellung ins Ausland nicht möglich ist. 

In Bezug auf die quotenpflichtigen Aufenthaltstitel wird die Anzahl der Quotenplätze jährlich in der Niederlassungsverordnung festgelegt. Die entsprechende Niederlassungsverordnung wird Anfang jedes Jahres von der Bundesregierung beschlossen. Aufgrund der COVID-19 Krise konnte die Niederlassungsverordnung für das Jahr 2020 durch die Bundesregierung noch nicht beschlossen werden, somit werden jene Anträge, die im Jänner 2020 gestellt wurden, nicht bearbeitet. Die Antragsteller, die sich außerhalb von Österreich befinden, müssen weiterhin die Kosten für die Miete und Krankenversicherung tragen, damit sie weiterhin die Voraussetzungen für die Erteilung der quotenpflichtigen Aufenthaltstitel erfüllen, obwohl sie sich weder in den gemieteten Wohnungen aufhalten noch ihre Krankenversicherung in Österreich in Anspruch nehmen können.

Ausländergrunderwerb

Im grundverkehrsbehördlichen Verfahren bestehen keine Änderungen bedingt durch COVID-19 und die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus, da diese Verfahren ohnehin elektronisch ablaufen. Eine Antragstellung auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung zum Erwerb beispielsweise eines Grundstücks durch einen Drittstaatsangehörigen hat nicht persönlich zu erfolgen. 

Staatsbürgerschaftsgesetz 

Der eingeschränkte Parteienverkehr als Maßnahme zur Eindämmung von COVID-19 gilt auch im Staatsbürgerschaftsverfahren. Derzeit ist die persönliche Einbringung des Antrags auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht möglich. Die Termine, auf die die Antragsteller monatelang warten müssen, wurden vom Amt der Wiener Landesregierung – die Magistratsabteilung 35 ist zuständig für Aufenthalts- und Staatsbürgerschaftsangelegenheiten – abgesagt und auf einen nicht bekannten Zeitpunkt verlegt. 

Reiseverkehr

Nicht nur in Österreich, sondern weltweit kam es aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus zu Beschränkungen im Reiseverkehr. Diese äußerten sich in strengen Grenzkontrollen, auch innerhalb der Europäischen Union, als auch mit Einreisestopps. 

Bei der Einreise nach Österreich gibt es seit 20.03.2020 neue Regelungen: Österreicher und Fremde, die über ein Aufenthaltsrecht in Österreich verfügen, müssen sich nach der Einreise in eine 14-tägige Heim-Quarantäne begeben. Fremde, die über kein Aufenthaltsrecht in Österreich verfügen, benötigen bei der Einreise in Österreich ein Gesundheitszeugnis in deutscher oder englischer Sprache. Dieses darf nicht älter als 4 Tage alt sein und muss bestätigen, dass der molekularbiologische Test auf SARSCoV-2 negativ ist. Kann ein Fremder ein solches Gesundheitszeugnis bei der Einreise nicht vorlegen, so erfolgt eine Unterbringung für 14 Tage in einer geeigneten Unterkunft, wobei diese Unterkunft nicht verlassen werden darf. Allerdings ist von dieser Maßnahme abzusehen, wenn eine unverzügliche Ausreise aus dem Bundesgebiet möglich ist. 

Aufgrund der aktuellen Situation sitzen auch viele Menschen in Österreich fest, obwohl sie Österreich längst verlassen müssen bzw. wollten. Fremde, die mit einem Schengenvisum bzw. visumfrei nach Österreich eingereist sind, können Österreich nicht verlassen, obwohl die 90 Tage des erlaubten Aufenthalts abgelaufen sind. Zum jetzigen Zeitpunkt steht noch nicht fest, wann der normale Reiseverkehr wieder eintreten wird. 

Das Amt der Wiener Landesregierung bzw. die zuständige Magistratsabteilung 35 hat ab 15.05.2020 wieder eine persönliche Vorsprache direkt im Amt ermöglicht – dies allerdings nur nach vorheriger Terminvereinbarung. In der Inlandsbehörde ist somit der Beginn einer stufenweise Wiedereinführung des normalen Parteienverkehrs zu beobachten. 

Autoren:

Mag. Osai Amiri, MSc., Rechtsanwaltsanwärterin und Head of Migration bei LANSKY, GANZGER + partner
Mag. Hussein al Rawi, juristischer Mitarbeiter bei LANSKY, GANZGER + partner

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