Update: Medienrecht - Gerald Ganzger im Horizont
hass im netz – Wie funktioniert das neue ‚Schnellverfahren‘?

Obszöne oder extrem herabwürdigende und demütigende Beleidigungen sowie schwere Eingriffe in die Intimsphäre im Internet belasten die betroffene natürliche Person schwer und können zu Nachteilen und Schäden für die betroffene Person in allen Bereichen des Lebens führen. Dementsprechend wichtig und vordringlich ist es für die betroffene Person, solche Angriffe und Veröffentlichungen, beispielsweise Postings zu stoppen. Das am 1. 1.2021 in Kraft getretene Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz bietet solchen angegriffenen natürlichen Personen (aber nicht juristischen Personen, wie zum Beispiel Firmen) die Möglichkeit, in einem sogenannten Mandatsverfahren rasch einen gerichtlichen Unterlassungsauftrag zu erwirken.
Ein solcher Unterlassungsauftrag kann „in Rechtsstreitigkeiten über Klagen, in denen ausschließlich Ansprüche auf Unterlassung wegen einer erheblichen, eine natürliche Person in ihrer Menschenwürde beeinträchtigenden Verletzung von Persönlichkeitsrechten in einem elektronischen Kommunikationsnetz geltend gemacht werden (§ 549 ZPO)“, beantragt werden. Wenn sich der Anspruch aus den Angaben in der Klage schlüssig ableiten lässt, hat das Gericht ohne mündliche Verhandlung und ohne Vernehmung der beklagten Partei einen Unterlassungsauftrag zu erlassen. Der Kläger muss aber, beispielsweise mit einem Screenshot, bereits in der Klage die Veröffentlichung mit dem rechtswidrigen Inhalt darlegen. Wenn die beklagte Partei innerhalb von 14 Tagen, ab Zustellung des Unterlassungsauftrags, Einwendungen erhebt, wird das ordentliche Verfahren, in welchem dann auch die beklagte Partei gehört wird und Zeugen einvernommen werden können, eingeleitet. Der Kläger kann aber die Fortwirkung des Unterlassungsauftrags bis zum Ende des gesamten Verfahrens beantragen. Solche Unterlassungsaufträge können auch gegen Diensteanbieter (Provider) erwirkt werden, aber erst nach vorangegangener ergebnisloser Abmahnung durch die betroffene Person.
Die Praxis der nächsten Monate wird zeigen, ob dieses neue Mandatsverfahren, welches dem Mahnklageverfahren bei Geldforderungen sehr ähnlich ist, tatsächlich eine große Rolle spielen wird. Nicht jede Verletzung eines Persönlichkeitsrechts kann zu einem Unterlassungsauftrag führen, sondern nur jene, die die Menschenwürde beeinträchtigen. Die Gerichte müssen somit im Anlassfall prüfen und entscheiden, ob diese „Erheblichkeitsschwelle“ der Veröffentlichung beziehungsweise des Angriffs im Internet überschritten ist.
