Update: Medienrecht - Gerald Ganzger im Horizont
Dürfen Bilder eines Mordopfers veröffentlicht werden?

Jeder Mensch hat in Österreich das Recht, gegen ohne seine Zustimmung veröffentlichte Bilder, die ihn zeigen, vorzugehen, wenn dadurch seine berechtigten Interessen verletzt worden sind und er der Veröffentlichung nicht zugestimmt hat. Diese Rechteverletzung kann entweder durch das Bild selbst oder im Zusammenhang mit dem Begleittext eintreten. Das Recht, gegen solche Veröffentlichungen vorzugehen, endet aber nicht mit dem Tod des Abgebildeten, sondern es gibt in Österreich einen postmortalen Persönlichkeitsschutz. Dieser kann von nahen Angehörigen des Abgebildeten dann geltend gemacht werden, wenn durch die Veröffentlichung die Interessen des Angehörigen verletzt werden. Erst kürzlich musste sich der Oberste Gerichtshof (OGH) wieder mit einem solchen Fall befassen.
Die Eltern einer von ihrem Ex-Lebensgefährten, mit welchem sie in Obsorge Streitigkeiten verfangen war, getöteten Frau klagten eine österreichische Zeitung auf Unterlassung. Die Zeitung hat in mehreren Artikeln über diesen Mord- fall und die Hintergründe berichtet, wobei dem Artikel unverpixelte Porträtfotos der Ermordeten beigefügt waren und die Abgebildete mit Vornamen und dem Anfangsbuchstaben ihres Nachnamens genannt wurde. Die beklagte Zeitung hat auch die Ermordung mit einem Messer und die erlittenen Verletzungen beschrieben sowie den Wohnort der Frau und ein Bild ihrer Wohnungstür veröffentlicht. Die beklagte Zeitung verteidigte sich im Wesentlichen damit, dass die veröffentlichten Lichtbilder unbedenklich seien, sie seien weder entstellend noch zeigen sie Geschehnisse aus dem höchstpersönlichen Lebensbereich des Opfers. Es sei eine besonders schwere Straftat vorgelegen, weshalb „ein hohes öffentliches Informationsinteresse bestanden habe“. Diese Argumente fruchteten nichts, bis hin zum OGH haben die Gerichte zugunsten der Eltern entschieden. Interessen der Eltern sind schon dann beeinträchtigt, wenn die Interessensabwägung zu Lebzeiten der abgebildeten Frau zu ihren Gunsten ausgegangen wäre. Der OGH sprach aus, dass „Zweck des Rechts der nahen Angehörigen, nämlich auch die Wahrung der Interessen der Verstorbenen, ist“.
Schlüsselsatz der Ausführungen des OGH ist zweifelsohne, dass „auch ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Straftat grundsätzlich nicht die Preisgabe der Identität des vor der Straftat einer breiten Öffentlichkeit nicht bekannten Opfers rechtfertigt. Eine Darstellung des Verbrechens ist auch ohne Verwendung eines Fotos des Opfers uneingeschränkt möglich.“ Dem ist wohl nicht nur aus rechtlicher Sicht zur Gänze beizupflichten.